Artikel aus ‚Feine Hilfen‘

dem Bookazin für den verantwortungsvollen Umgang mit Pferden

In der Dezemberausgabe 2014 von Feine Hilfen wurden die Pferdemenschen Luis Valenca, Professor Klaus Zeeb, Dr. Willa Bohnet und Fritz Stahlecker befragt, wie ihr ‚Blickwinkel zum Thema Pferd‘ aussieht. Eines der Interviews nimmt Bezug auf Berni Zambail, weshalb wir es hier gerne wiedergeben.

Im Interview stellt Fritz Stahlecker fest:

Partnerschaft auf Augenhöhe ist höchstens mit einem älteren Pferd möglich.

Feine Hilfen: Kann ein Pferd so etwas wie ein ‚Partner‘ für den Menschen sein?

Fritz Stahlecker: Das Pferd war immer schon Partner des Menschen. Wie es sich dabei gefühlt hat, ist eine andere Frage. Heute wünschen wir uns das Pferd als freiwilligen, freudig mitmachenden Partner. Dies zu erreichen gehört zur (Reit-)Kunst.

Feine Hilfen: Kann ein Pferd einen Menschen ‚lieben‘? Beziehungsweise kann ein Mensch durch bestimmtes Verhalten eine emotionale Bindung des Pferdes zu sich verursachen? Und welche Rolle spielt die Dominanz dabei?

Fritz Stahlecker: Pferde unter sich kennen die Liebe nach Menschenart nicht, somit gilt dies auch in der Beziehung zum Menschen. Wenn der Mensch das Vertrauen des Pferdes gewinnt, ihm Sicherheit bietet, gewinnt er dabei seine Anhänglichkeit. Sie ist in der Nähe der Liebe. Wer ein junges Pferd ausbilden will, muss im Rang eindeutig über ihm stehen. Partnerschaft in gleicher Augenhöhe ist allenfalls mit einem älteren Pferd möglich. Das Zusammenleben in der Pferdeherde wird wesentlich durch die Rangordnung bestimmt. Selbst im Spiel hat sie Geltung. Wenn das junge Pferd spielerisch Lektionen lernen soll, muss es als Voraussetzung dem Ausbilder untergeordnet sein. Das ausgebildete Pferd kann dann von einem im Rang niedrigeren Kind geritten werden. Wie man die Alphaposition erreicht, wie sich unsere Überlegenheit ausdrückt, ist ein reichhaltiges Kapitel; dies weiter auszuführen ist hier nicht ausreichend Raum. Als erster Punkt gilt, dass der Ausbildner keine Angst erkennen lassen darf und unerschrocken agiert. Ziel soll eine freundliche Dominanz sein, die man ohne Gewalt erreichen kann.

Feine Hilfen: Können Pferde so etwas wie Spass oder Freude haben bei der Arbeit mit den Menschen?

Fritz Stahlecker: Spass ist sicher nicht der treffende Ausdruck, aber Lust und Freude bei der Arbeit mit dem Menschen gibt es sicherlich. Sie hängt von der Methode unserer Ausbildung ab. Bei einer gewaltbetonten Ausbildung verliert das Pferd erfahrungsgemäss die Lust mitzumachen.

Die Handarbeit ist besonders geeignet, das Vertrauen des Pferdes zu gewinnen. Sicherlich ist es möglich, mit Gewaltanwendung das Pferd dazu zu bringen, dass es die höheren Lektionen gehorsam ausführt. Aber Gehorsam kann hässlich sein man denke an das Bild der Rollkur. Für die Reitkunst ist die Freude an der Arbeit die Voraussetzung. In dieser Frage gibt es rundum Einigkeit. So oft ist aber die Praxis ganz anders. Der Teufel steckt in den Details. Beispiel: Der Ausbildner schnallt unbedacht die Longe oder die Ausbindezügel in die Trensenringe ein statt in einen gepolsterten Kappzaum. Es ist ihm nicht bewusst, dass er damit Gewalt ausübt. Dabei hat er sich kurz zuvor noch zur gewaltfreien Arbeit bekannt. Reiten besteht aus einer Summe von Details. Freude und Lust an der Arbeit kann das Pferd nur empfinden, wenn durchgehend alle Details gewaltfrei sind. Schon eine sich täglich wiederholende Versündigung genügt, um dem Pferd die Lust zu nehmen.

Feine Hilfen: Der Umgang mit Pferden unter Gesichtspunkten des ‚Natural Horsemanship‘ ist in Deutschland derzeit ein riesiger Trend. Wie beurteilen Sie diese Richtung?

Fritz Stahlecker: ‚Natural Horsemanship‘ ist ‚in‘. Das ist gut so. Viele Vermittler des Horsemanship tun sicher ein gutes Werk hinsichtlich der reiterlichen Vorbereitung. Im Prinzip ist alles gut, was am Boden das partnerschaftliche Verhältnis fördert. Wirklich beschäftigt habe ich mich nicht mit diesen Methoden. Kennen und schätzen gelernt habe ich aber die Arbeit von Berni Zambail aus der Schweiz.

Feine Hilfen: Gibt es überhaupt so etwas wie ‚Pferdeflüsterer‘? Und wenn ja, kennen Sie einen? Was macht einen echten ‚Pferdeflüsterer‘ beziehungsweise Pferdemenschen aus?

Fritz Stahlecker: Es gibt sicher Pferdeflüsterer – dies sind in der Regel Menschen, die schon seit ihrer Kindheit mit Pferden zu tun hatten, als Kind intuitiv erfasst haben, was für ein Pferd gut ist. Ich glaube nicht daran, dass Pferdeflüsterer ‚magische‘ Kräfte haben. Es dürfte auf die natürliche Ausstrahlung ankommen. Sie ist schwierig erlernbar. Jeder Mensch hat eine ihm eigene Ausstrahlung; wenn er keine Angst hat, kann er vielleicht ein wenig in Richtung ‚flüstern‘ kommen.

Berni Zambail könnte so ein ‚Pferdeflüsterer‘ sein. Ich habe ihn häufig bei der Arbeit mit dem Pferd erlebt und mit ihm zusammengearbeitet. Er hat das, was man nicht lernen kann.

Das Gespräch führte Petra Wägenbaur.

 

http://zambail.com/wp-content/uploads/2015/03/Feine-Hilfen.pdf